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Die Natur als Apotheke

24.05.2008 - Berichte rund um die Gesundheit

Viele Tiere und Pflanzen liefern Arzneien. Wenn sie aussterben, fehlen auch diese Wirkstoffe

Vier oder fünf Zentimeter groß und unauffällig braun - sonderlich spektakulär sahen die beiden Froscharten nicht aus, die Wissenschaftler in den Siebziger- und Achtzigerjahren im australischen Regenwald entdeckt hatten. Das Verhalten der Amphibien aber löste selbst unter Fachleuten ungläubiges Staunen aus. Denn die Weibchen verschluckten ihre Eier oder Kaulquappen und ließen sie in ihrem Magen heranwachsen. Nach etwa zwei Monaten schlüpften fertig entwickelte kleine Frösche aus dem Maul der Mutter. Warum wurde der Nachwuchs nicht verdaut? Erste Studien ergaben, dass die Larven mit dem Hormon Prostaglandin E2 und anderen biochemischen Werkzeugen die Produktion von Magensäure und Verdauungsenzymen im Magen der Mutter hemmten. Das Phänomen hätten Mediziner gern noch näher untersucht. Könnte man den Trick der Frösche nutzen, um Magengeschwüre zu behandeln? Doch bevor die Analysen beendet waren, starben beide Magenbrüterfrösche aus. Ihre Geheimnisse, die vielleicht vielen Menschen hätten helfen können, bleiben nun für immer unentdeckt.

Gesundheit steht auf dem Spiel

Auf der UN-Artenschutzkonferenz dieser Tage in Bonn geht es also nicht nur um das Überleben von Tieren und Pflanzen. Auch die menschliche Gesundheit steht auf dem Spiel. Allein in der weiteren Verwandtschaft des Magenbrüter-Froschs finden sich etliche Kandidaten mit medizinischem Potenzial. Das Erdbeerfröschchen (siehe Foto) aus den Wäldern Panamas zum Beispiel produziert in seiner Haut spezielle Gifte, sogenannte Pumiliotoxine. Diese Substanzen enthalten vielversprechende Wirkstoffe gegen Herzkrankheiten. Ein anderer Frosch, der Dreistreifen-Baumsteiger aus Ecuador, liefert ein hochwirksames Schmerzmittel. Afrikanische Krallenfrösche produzieren Antibiotika. Und in der Haut des Nordamerikanischen Sumpffroschs finden sich Hormone, die eines Tages zur Behandlung von Bluthochdruck eingesetzt werden könnten. Der Graue Laubfrosch aus Nordamerika wird vielleicht sogar das Vorbild für eine bessere Konservierungsmethode für Spenderorgane liefern. Denn das kleine Tier kann in eingefrorenem Zustand überleben, ohne dass seine Zellen dabei Schaden nehmen. Wie viele Frösche aber aussterben, bevor sie ihre Geheimnisse preisgegeben haben, wagt derzeit niemand vorauszusagen - fast ein Drittel der sechstausend bekannten Amphibienarten gelten als bedroht.

Auch andere tierische Pharmalieferanten kämpfen ums Überleben. Viele der vierhundert Haiarten etwa sind durch Überfischung an den Rand des Aussterbens geraten. Die Leber von Dornhaien und anderen Meeresräubern aber enthält die hormonähnliche Substanz Squalamin, die derzeit in etlichen Studien weltweit auf medizinische Wirkungen getestet wird. Sie kommt als neues Antibiotikum und als Mittel gegen Augenkrankheiten und Krebs infrage. Eine verwandte Verbindung zügelt bei Mäusen den Appetit und könnte daher auch gegen Übergewicht helfen.

Weltweit 50 000 Heilpflanzenarten

Viel häufiger als solche tierischen Produkte verordnen Ärzte allerdings Wirkstoffe aus Pflanzen. Schlüsselblume bei Erkältung, Baldrian gegen Schlafstörungen und Arnika für die Hautsalbe - auch in Deutschland sind pflanzliche Arzneimittel beliebt. Eine Analyse von Bio-Frankfurt, einem Netzwerk von Forschungsinstituten und Naturschützern zeigt, dass hierzulande jede fünfte einheimische Art früher als Heilpflanze verwendet wurde oder noch heute so genutzt wird. In Asien und Afrika ist der Anteil der für medizinische Zwecke verwendeten Gewächse noch deutlich höher. Weltweit gibt es um die fünfzigtausend Heilpflanzenarten. "Vor allem in ärmeren Ländern haben viele Menschen gar keine Alternative zur Apotheke Natur", sagt Frank Barsch, Heilpflanzenexperte der Naturschutzorganisation WWF. In jenen Ländern stehen andere Wirkstoffe entweder gar nicht zur Verfügung oder sind einfach zu teuer. Das Interesse an Heilpflanzen aus diesen Regionen ist aber auch in den Industriestaaten ist groß. So wird ein in den Fünfzigerjahren entdeckter Wirkstoff aus dem Madagaskar-Immergrün heute weltweit gegen Blut- und Lymphkrebs eingesetzt.

Auch die Afrikanische Teufelskralle hat international Karriere gemacht. Im Süden Afrikas wird die rot blühende Pflanze seit langem gegen Stoffwechselstörungen und Schmerzen eingesetzt. Inzwischen nutzen Menschen in aller Welt Teufelskrallen-Produkte gegen Rheuma und hohen Blutdruck. Zur Herstellung der Präparate werden die Seitenwurzeln der Gewächse verwendet. Die Rohstoffpreise dafür sind allerdings sehr niedrig. "Wenn ein Sammler in der Hitze der Kalahariwüste einen ganzen Tag lang im Boden nach den Wurzeln gräbt, bekommt er dafür nur 1,50 Dollar", sagt Frank. Bei so dürftigem Verdienst ist niemand motiviert, sich auch um die Erhaltung der Gewächse zu sorgen. Statt der Seitenwurzeln wird oft die ganze Pflanze ausgegraben. Die Bestände der Teufelskralle sind daher bereits bedenklich geschrumpft.

Gemeinsam mit der Industrie und den Herkunftsländern der Teufelskralle versucht der WWF, diese Probleme zu lösen. In verschiedenen Projekten im südlichen Afrika werben Frank Barsch und seine Kollegen für schonendere Sammelmethoden, bei denen die Pflanzen nach dem Abschneiden der Seitenwurzeln wieder eingegraben werden. Und damit sich das auch für die Sammler lohnt, setzen sich die Naturschützer für eine bessere Bezahlung ein. In Botswana zum Beispiel ist der Preis für die heilsamen Wurzeln in den letzten zwei Jahren um zwanzig Prozent gestiegen.

Raubbau soll verhindert werden

Gemeinsam mit anderen Organisationen hat der WWF zudem einen internationalen Standard für das Sammeln von Heilpflanzen entwickelt, der seit Ende des Jahres 2007 in sechs Ländern getestet wird. Mithilfe der darin festgelegten Kriterien kann man einschätzen, ob ein bestimmter Pflanzenbestand naturverträglich genutzt wird. "Viele Pharmafirmen haben großes Interesse an einem solchen Standard", sagt Frank Barsch. Denn ihre Kunden legen zunehmend Wert darauf, dass die Produkte in ihrem Arzneischrank ohne Raubbau an der Natur gewonnen werden.

Neben ökologischen fließen auch wirtschaftliche und soziale Aspekte in die Beurteilung ein. Dazu gehört, ob die Menschen in den Herkunftsländern der Heilpflanzen einen angemessenen Anteil vom Gewinn erhalten. "Gerade darüber gibt es immer wieder Streit", sagt Barsch. Schlagzeilen machte zum Beispiel der Fall des San-Volkes, das in Südafrika, Namibia, Botswana und Angola lebt. Traditionell kauten diese Menschen die leicht bitteren Sprosse eines kaktusähnlichen Gewächses namens Hoodia (siehe Foto), um auf langen Jagdausflügen Hunger und Durst zu unterdrücken. Mitte der Neunzigerjahre aber ließ sich die britische Firma Phytopharm einen appetitzügelnden Wirkstoff aus dieser Pflanze patentieren - ohne die San zu informieren, die ja erst das dazu nötige botanische Wissen geliefert hatten.

Erst als die San ein Gerichtsverfahren gegen das Unternehmen führten, bekamen sie im Jahr 2003 nachträglich einen kleinen Anteil an den mit dem Hoodia-Wirkstoff erzielten Gewinnen zugesprochen. Denn nach der UN-Konvention über die Biologische Vielfalt aus dem Jahr 1992 dürfen Firmen traditionelles Wissen nicht ungefragt und nicht ohne Gegenleistung vermarkten. "Die lokalen Hüter dieses Wissens und die Regierungen der Herkunftsländer der nützlichen Gewächse müssen ihr Einverständnis erklären, bevor ein neuer Pflanzen-Wirkstoff entwickelt werden darf", erläutert Frank Barsch. "Und sie müssen einen gerechten Anteil am Profit bekommen."